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Hertwig & Co., DDR - Hans Hertwig, BRD

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1951
Die Porzellan- und Feinsteingutfabrik Hertwig und Co. wurde 1864 in Katzhütte/Thüringen gegründet. Nach dem 2.Weltkrieg befand sich die Firma in der Ostzone, doch annoncierte schon 1951 wieder "Bisculoid-Kleinpuppen in alter Ausführung". Die Spielwarengeschäfte in der "Westzone" konnten jetzt nur über einen Nürnberger Auslieferer in der DDR bestellen.

The porcelain and fine earthenware manufactory "Hertwig & Co." was founded 1864 in Katzhütte in Thuringia, Germany. A well-known firm that exported their fine porcelain dolls in many countries. After WWII the firm was in the eastern zone of the occupied country but already in 1951 they advertised a kind of biscuit dolls for dolls' houses "manufactured in the old style". The toy shops of West-Germany had to order at a distributor in Nuremberg.

1958 "Spielzeug"
Der Besitzer Hans Hertwig ist jedoch schon nicht mehr in Ostdeutschland, sondern ab 1953 in Westdeutschland, in Worms-Hochheim, mit einer neuen Firma vertreten und wirbt für seine neuen kleinen Plastikpuppen mit dem Kleeblatt-Logo - die bekannten Plastikpuppen befinden sich in vielen Puppenhäusern, sie waren wohl nicht teuer und haltbar, denn auch heute sind sie sehr häufig zu sehen, genau wie die ARI-Gummipuppen aus der DDR. Ab 1953 gibt es also eine Parallelentwicklung der traditionsreichen Firma Hertwig:Massepuppen in der DDR, Plastikpuppen vom ursprünglichen Besitzer in der BRD. Aber Hans Hertwig stellte auch Biegepuppen her, das Mädchen mit der Kappe in der Mitte zum Beispiel.

About1953 the owner Hans Hertwig moved/fled to West-Germany, Worms, and advertised for small plastic dolls with a new logo, a cloverleaf; these dolls can be found in many german doll houses. Obviously they were not very expensive and just as easy to get as the rubber dolls of ARI (East-Germany) from this period. But they also produced flexible dolls: see the girl in the middle of the photo.


50er Jahre Biegepuppen - Hans Hertwig - flexible dolls of the 50s
1962 "Spielzeug"

Die Biegepuppen von Hans Hertwig aus den Fünfziger Jahren sind sehr selten in Puppenstuben zu finden. Woran liegt das? Sie haben ein niedliches Gesicht und sind schön gekleidet, doch das neu entwickelte Material für die Puppen hat die Zeit nicht überdauert. Die gummiartige Masse wurde hart und wenn man die Puppe heute biegen wollte, brächen die Gliedmaßen sofort ab. Einige Puppen haben auch eingedrückte Gesichter, vielleicht konnte das Material auch keine Hitze vertragen und verformte sich. Dies alles sind Gründe, warum das Spielzeug eher im Müll landete als weitervererbt zu werden.

The flexible dolls of Hans Hertwig from the fifties are rarely seen in dolls houses. Why? They have cute faces and nice clothes but the new invented material for the flexible dolls did not last long. The rubbery material got hard and the dolls would break eventually. 
Some dolls have deformed faces, too, so maybe the material could not withstand heat either.
These could be the reasons why Hertwig flexible dolls would rather end in the rubbish bin than be passed on to the next girl generation.
Below we have a small bridal couple - small, because they are child sized but they also had grown-up dolls of this model. The ad shows the range of small dolls of Hertwig of the year 1962.


Hier sehen wir ein kleines Brautpaar - klein, weil die Puppen nur Kindergröße haben, es gab aber auch Erwachsenenpuppen.




Auf dem Katalog von 1958 sehen wir die Kinder- und Erwachsenengrößen im Vergleich.
On the title of the catalogue of 1958 we see the scales of children dolls and grown-up ones.



Katalog 1958



Mit modellierten Haaren oder mit Perücke.
 

Zwei Teenagermädchen mit kurzem modernen Haarschnitt und sehr typischer Kleidung: fesches Hütchen und weite Petticoatröcke.
Two teenage girls with modern short haircut, very fashionably dressed in petticoat skirts and a racy cap.




Sammlung Anna Setz



Sammlung Katharina



An den Beinen erkennt man die brüchige Knetmasse über dem Draht und weiß, warum nicht viele Puppen überlebt haben können. Ich habe mich nicht getraut, die Glieder zu bewegen und so wird die Kleine für die nächste Zeit immer einen Sitzplatz haben.
Seeing her legs I knew why not many dolls have survived the years. The modelling material over the wire is quite crumbly and I dare not try to move her legs. Therefore the little girl will always have a seat in my collection.





 



Sammlung WK Niederrhein

 Sammlung Anna Setz


Mehr zur Geschichte

1864 kauft Christoph Hertwig mit zwei Teilhabern ein stillgelegtes Eisenwerk in dem kleinen armen Dorf Katzhütte im Thüringer Wald, um eine große Porzellanfabrik aufzubauen. Nach dem Auf- und Umbau wurde für "Luxus- und Phantasie-Artikel, Badekinder, Puppenköpfe" geworben. Später  wurden auch Nankingpuppen, mit Sägemehl gefüllte Puppen aus Nankingstoff mit Porzellanarmen, -beinen und -köpfen, hergestellt, die in großen Mengen nach Amerika exportiert wurden. Um die Jahrhundertwende lieferte man Badekinder und andere Puppen mit gegossenen Köpfen. In allen umliegenden Orten wurde in Heimarbeit für die Puppenfabrik gearbeitet, d.h. Puppenbälge genäht und gestopft. 1886 starb der Firmengründer Christoph Hertwig. Die Söhne Karl und Friedrich August Hertwig (Fritz, 1854-1930) übernahmen das Unternehmen. 1888 arbeiteten außer Haus zeitweilig 600 Personen mit 45 Nähmaschinen, die im Winter bis zu 2000 Dutzend Puppen täglich herstellten. Die beiden Hertwig-Brüder gründeten eine Krankenkasse für ihre Beschäftigten und eine Badeanstalt für die Ortsbewohner. Es werden immer neue Modelle entworfen,  z.B. 1910 die Schneebabys.
1920 sind Fritz und seine Söhne Ernst und Hans Hertwig als Inhaber eingetragen. In den 30er Jahren wurde viel aus Biskuitporzellan hergestellt. Auch im Dritten Reich wurde noch vorwiegend in die USA exportiert. Nach 1930, dem Todesjahr von Ernst Herwig, blieb das Unternehmen bis 
1953 unter der Leitung der Familie.  Schon 1951 erscheint eine Anzeige der Firma Hertwig & Co.  im westdeutschen Branchenmagazin "Das Spielzeug":  "Bisculoid-Kleinpuppen, Trachtenpuppen wieder in alter Ausführung lieferbar. Unsere Freunde und Interessenten in der Westzone wenden sich nur an unser Auslieferungslager Heinrich Hacker & Comp. Nachf., Nürnberg." Die Familie wurde erst gezwungen, staatliche Beteiligung aufzunehmen, dann wurde die Firma verstaatlicht und Zierporzellan produziert, da die Feinsteingutpuppen nicht mehr gefragt wurden. Der  
VEB Zierkeramik stellte Nippes, Tiergruppen, Hunde und Bierkrüge her.
1983 plünderte die Kunst und Antiquitäten GmbH aus der DDR das historische Musterlager - ein bis dahin wohl einmaliges Porzellanarchiv. Die Aktion wurde von Stasi-Angehörigen unterstützt und diente der Devisenbeschaffung. In den Auktionshäusern Europas tauchten plötzlich jede Menge alte Porzellanpuppen auf alten Musterkarten auf. Einige Mitarbeiter des Betriebes erreichten, dass ein Teil der Exponate in das Sonneberger Spielzeugmuseum kamen. Nach der Wende erhoben die Erben Anspruch auf diese Reste des Musterzimmers, teilweise wurden den Erben die Exponate wieder zurückgegeben, teilweise sind die Exponate nur noch Leihgaben der Erben.

Aber wie viele Unternehmen, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg auf dem Boden der DDR befanden, gab es noch ein Parallelunternehmen in der BRD, von Hans Hertwig, dem Enkel des Firmengründers 1953 in Worms-Hochheimgegründet. 1954 bietet die Firma "Hans Hertwig" kleine Plastikpuppen im Export-Magazin der Zeitschrift "Das Spielzeug" an. Das Logo ist ein Kleeblatt. Ab 1958 kommen kleine Biegepuppen dazu. 1962 wird die Firma zuletzt im Branchenmagazin erwähnt.

Literatur:
Cieslik, Jürgen und Marianne:  Familienchronik. In: Cieslik's Puppenmagazin, Jg. 1998, Heft 3, S. 5-14 
Goettle, Gabriele: Deutsche Spuren : Erkenntnisse aus Ost und West. (Die andere Bibliothek ; 152) Frankfurt am Main. 1997


Zusammenfassung und Aktualisierung mehrerer älterer Beiträge
- Summary and update of several older posts

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